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GERUCHSSINN
 

Der Geruch (lat. Olfactus, daher olfaktorische Wahrnehmung) ist die Interpretation der Sinnes-Erregungen, die von den Chemorezeptoren der Nase an das Gehirn geliefert werden. Daran sind zwei sensorische Systeme beteiligt: das olfaktorische und das nasal-trigeminale System. Geruch und Geschmack interagieren und beeinflussen sich gegenseitig. In einigen Gebieten der Schweiz wird für den Geruch auch das Wort 'Gout' verwendet, was zugleich Geschmack bedeutet und mit dem Wörtern "Gusto" und goutieren verwandt ist.

Der Geruchssinn ist der komplexeste chemische Sinn. Während Menschen etwa 10.000 Gerüche unterscheiden können, können Ungeübte nur etwa 50 % der Gerüche korrekt benennen. Durch Training lässt sich die Trefferquote auf 98 % steigern. Meistens spielen persönliche Erfahrungen, die wir an einem bestimmten Ort mit dem Geruch gemacht haben, oder Ereignisse, die wir mit dem Geruch assoziieren, eine Rolle (episodisch-autobiographisches Gedächtnis).

Die eigentliche Riechempfindung, die mit Emotionen, Erinnerungen und hedonischen Urteilen stark verbunden sein kann, entsteht in eher unspezifischen, evolutionsgeschichtlich alten kortikalen Hirnzentren (Sprachferne der Riechempfindungen?). In diesem Bereich wird sowohl die chemosensorische Analyse der Atemluft als auch die retronasale Analyse von Speisearomen durchgeführt. Daneben gibt es noch ein hämatogenes Riechen, worunter man das Wahrnehmen von Riechstoffen versteht, welche ins Blut injiziert worden sind.

Geruchsaktive Substanzen müssen flüchtig sein. Die Zusammenhänge zwischen den chemisch-physikalischen Eigenschaften der Riechstoffe und den resultierenden Riechempfindungen sind noch schlecht erforscht. Die meisten riechenden Stoffe sind Kohlenstoffverbindungen.

Die Duftwahrnehmung ist stark beeinflusst vom Hormonstatus und der Motivation. Beispielsweise führt Hypogonadismus häufig zu weitgehender Anosmie, ein hoher Östrogenspiegel zu erhöhter Geruchssensibilität oder Sättigung mit Nahrung zu einer Änderung der hedonischen Bewertung von Gerüchen.

Die hedonische Bewertung von Riechstoffen im Gegensatz zu den Geschmackstoffen wird beim Menschen weitgehend in den ersten 5–10 Lebensjahren erlernt. Während Neugeborene durch mimische Reaktion deutliche Lust- beziehungsweise Unlustreaktionen auf Reize durch Saccharose (süß) beziehungsweise Koffein (bitter) zeigen, sind die Reaktionen bei Gerüchen häufig indifferent. Fäkalien-, Frucht- oder Schweißgeruch werden hedonisch wenig differenziert.

Bei der olfaktorischen Wahrnehmung erfolgt wie bei der gustatorischen eine Vektorkodierung der Eindrücke. Diese Kodierung erklärt die außerordentliche Vielfalt an olfaktorischen Eindrücken und auch, wie stark sich die Wahrnehmungswelt eines Lebewesens sofort drastisch vergrößert, wenn nur eine Rezeptorart mehr (7 statt 6) und eine höhere Auflösung (30 statt 10 differenzierbare Stufen) angenommen werden. Auch zwischen Menschen wirken sich kleine Unterschiede in der Auflösung der Rezeptoren dermaßen stark aus. Früher galten der Mensch und andere Primaten als "Mikrosmaten" - als Geringriecher - im Gegensatz zu den "Makrosmaten" wie beispielsweise Hund und Ratte. Inzwischen weiß man jedoch, dass die Riechleistung der Primaten für manche Düfte die von Hund und Ratte übertreffen kann. So sind Hunde zwar ausgesprochen empfindlich für den Geruch von Fettsäuren (Beuteschweiß), reagieren aber im Vergleich zu manchen Primaten unempfindlicher gegenüber Fruchtdüften.

Man unterscheidet häufig ein implizites präsemantisches von einem semantischen Gedächtnis für Gerüche. Beim präsemantischen Gedächtnis wird spontan der Bezug von einem Geruch zu einem Ort erinnert. Dies geschieht über das visuelle System, indem wir uns den Ort/Zustand vorstellen, den wir riechen (Bsp: „Weihnachten"). Da es im olfaktorischen Cortex keine Abbildung der einzelnen Düfte gibt, werden diese räumlich im visuelles System verankert, indem sie dort bildhaft gemacht werden. Zur Identifikation eines Geruchs bedarf es eines zweiten, verbalen Systems, mit dem der Name (Bsp: „Zimt") identifiziert wird. Bei der Verarbeitung olfaktorischer Reize gibt also einen Unterschied zwischen dem semantischen und dem impliziten Gedächtnis.

Die Bewertung eines Geruchs findet vor der eigentlichen Geruchserkennung statt. Gerüche können wissbegierig machen und werden häufig mit Gefühlen in Verbindung gebracht, es können aber auch Emotionen die Assoziation an spezielle Gerüche bewirken. Auch die soziale Verständigung und insbesondere die Sympathie hat viel mit dem "Sich riechen können" zu tun.

Der Geruchssinn wird gemeinhin für weniger wichtig gehalten als Sehen, Hören oder Tasten. Doch bedeutet sein Fehlen eine wesentliche Einbuße an Lebensqualität und würde im Tierreich den Bestand vieler Arten gefährden.

Der Geruchssinn des Menschen ist schon bei der Geburt vollständig ausgereift.

Die wahrgenommenen Riech- oder Duftstoffe dienen Lebewesen zur Identifizierung von Nahrung, von Artgenossen („Stallgeruch") und von Feinden, spielen aber auch beim Sozialverhalten eine große Rolle. Die Geschlechtsreife oder das Paarungsverhalten von weiblichen Tieren wird den männlichen Tieren hauptsächlich durch Sexualriechstoffe signalisiert, und diese sind auch zur Kommunikation und räumlichen Orientierung ein essentielles Hilfsmittel. Die Schädlingsbekämpfung im Obstbau macht sich die Wirkung solcher Pheromone nutzbar, beispielsweise um die Paarung von Pflaumenwicklern einzuschränken. Viele Tiere setzen Duftmarken, um ihr Revier abzustecken, oder folgen wie die Ameisen der Duftspur ihrer Vorgänger zur Nahrungsquelle. Die meisten Blüten emittieren Duftstoffe, um Insekten zur Bestäubung anzulocken.

Trotz der kulturellen Überdeckung bringt für den Menschen der Geruchssinn Hinweise auf Sympathien oder Signale zur Warnung vor stofflichen Gefahren. Die hochgiftige Substanz Schwefelwasserstoff (H2S) hat eine sehr niedrige Geruchsschwelle beim Menschen. Eine andere Warnsubstanz ist Methylisoborneol, die durch den Geruch auf ihre Anwesenheit in fauligem, ungenießbaren Wasser hinweist und so vor dem Genuss der Inhaltsstoffe solcher Wässer schützt.

Beim Menschen können manche unangenehme Gerüche Schutzreflexe wie z.B. Würgereflexe auslösen. Der enge Zusammenhang der anatomischen Verbindung des Geruchssinns mit dem limbischen System und dem Hypothalamus stellt dabei eine Sonderstellung in Lernprozessen dar: Anders als bei der klassischen Konditionierung können die Zeitabstände zwischen konditioniertem Stimulus (Geruch) und unkonditioniertem Stimulus (Erbrechen) extrem ausgedehnt werden. Trotz langer Intervalle kommt es zu einer konditionierten Reaktion (z.B. Ekel) auf einen neutralen Reiz (z.B. Umgebung der Nahrungsaufnahme). Ein Bsp. hierfür wäre, wenn Menschen unter Übelkeit leiden, wenn sie Fischgeruch riechen, nachdem sie Jahre zuvor einmal verdorbenen Fisch gegessen haben. Es handelt sich bei dieser leichten Konditionierbarkeit der chemischen Sinne um ein genetisch vorprogrammiertes Lernen.

Das Riechen - der Sinn zur Duftwahrnehmung - hängt von genetischen- und Wahrnehmungsprozessen, vom Zustand der Luft und von der Lernfähigkeit des Gehirns ab.

Die Duftstoffe in der Luft gelangen beim Atmen und verstärkt beim Wittern (bewußtes Spüren) in die obere Nasenhöhle und an die Riechschleimhaut. Hier werden die Geruchsmoleküle gelöst, wodurch sie für die Zellen chemisch registrierbar werden. Dafür gibt es rund 350 verschiedene Rezeptortypen, die jeweils nur auf eine bestimmte Duftmolekülgruppe ansprechen. Aus der Kombination der angesprochenen Rezeptoren in den Zellen ergibt sich die Geruchsmischung. Wir können zwar mehrere tausend Gerüche unterscheiden, sie aber meist nicht benennen. Daher teilt man sie in 7 verschiedene Duftkategorien von blumig, ätherisch und moschusartig bis schweißig und faulig ein.

Die Riechschleimhaut hat beim Menschen auf jeder Seite etwa die Fläche einer Euro-Cent-Münze, beim Hund ist sie rund 40-mal größer. Aus ihren Zellen ragen kleine Fortsätze (Stereozilien) mit den Geruchsrezeptoren. Sobald ein solcher Rezeptor ein zu ihm passendes Duftmolekül "einfängt" (Schlüssel-Schloss-Prinzip), löst dies ein Aktionspotential aus, das die Zelle über ihr Axon als Nervenreiz zum Riechkolben weiterleitet.

Er schützt die Atemorgane und den ganzen Körper vor schädlichen Gasen oder löst Brechreiz aus, während angenehme Gerüche (gute Nahrungsmittel) den Speichelfluss anregen. Der Geruch ist also eng mit dem vegetativen (unbewussten) Nervensystem gekoppelt, das alle inneren Funktionen im Organismus steuert und auch das "Fühlen" beeinflusst.

Die chemisch dauernd beanspruchten Riechzellen erneuern sich alle 60 Tage aus Basalzellen.

Die Stärke des von verschiedenen Stoffen hervorgerufenen Geruchsempfindens ist sehr verschieden. Je höher die Konzentration eines Riechstoff in der eingeatmeten Luft, desto stärker ist das Empfinden. Schon eine außerordentliche geringe Menge bewirken ein Geruchsempfinden. So ist Brom noch in einer Konzentration von 33 mg Brom in 1 m⊃3; Luft riechbar. Moschus wird noch wahrgenommen, wenn der Nase weniger als 1/2.000.000 mg eines weingeistigen Moschusextrakts dargeboten wird; von Schwefelwasserstoff wird weniger als ein Millionstel in der Luft deutlich wahrgenommen. Der Geruchssinn vieler Tiere ist noch deutlich feiner entwickelt.

Mit der Dauer eines Geruchseindrucks ermüdet nach und nach die Riechschleimhaut. Halten wir uns längere Zeit in einer riechenden Luft auf, so verschwindet schließlich die Geruchswahrnehmung für den beständigen Geruch (sog. phasische Rezeption), ohne dass dadurch die Fähigkeit für die Wahrnehmung anderer Gerüche abnimmt. Dies ist in der stofflichen Verknüpfung begründet, jeder Geruchsreiz (Geruchsstoff = Schlüssel) wird in einem (oder mehreren) speziellen Geruchsrezeptor (=Schloss) erkannt, der eine Reaktivierungsphase braucht, die nicht gereizten Rezeptoren mit ihren Nerven stehen weiterhin zur Verfügung. Die Bezeichnung der Gerüche als angenehm oder unangenehm, die rein individuell und willkürlich ist, beruht zum Teil auf Vorstellungen, die sich auf das Geruchsempfinden beziehen. Diese Vorstellungen wechseln schon mit den physiologischen Körperzuständen. Dem Hungrigen z. B. duftet eine Speise äußerst angenehm in die Nase, während bei dem Gesättigten dadurch Widerwille erregt wird.


Wahrnehmungsschwellen

Die Leistung des menschlichen Geruchssinnes wird in Schwellen angegeben; dabei wird unterschieden zwischen der Wahrnehmungs- oder Absolutschwelle und der Erkennungsschwelle.

Wahrnehmungsschwelle:

Nur vier Milligramm des in Knoblauch enthaltenen Methylmercaptans in 108 m³ Luft (das sind 1000 Hallen zu jeweils 500x10x20 Meter) genügen, um die Empfindung "Es riecht nach etwas" hervorzurufen.
Ein Milligramm Vanille pro 1000 m3 Luft genügt, um einen Riecheindruck hervorzurufen.
Im Rahmen der "Unterschwelligen Werbung" (die die Aufmerksamkeitsschwelle nicht überschreitet) sind gelegentlich Versuche mit olfaktorischen Reizen erfolgreich gewesen.

Erkennungsschwelle:

Um den Geruch zu erkennen, muss die Konzentration etwa 50-fach höher sein.

Viele andere Säugetiere haben eine erheblich – bei einem Schäferhund beispielsweise um den Faktor 1000 – feinere olfaktorische Wahrnehmung.


Geruchsqualitäten

1952 schlug Amoore die folgenden acht Geruchsklassen vor:

1. stechend, beißend (beispielsweise Essig, Ameisensäure)
2. faulig (beispielsweise faulende Eier, H2S)
3. ätherisch (beispielsweise Fleckputzmittel)
4. kampferartig (beispielsweise Mottenkugeln)
5. moschusartig (beispielsweise Engelswurz)
6. minzig (beispielsweise Pfefferminze)
7. blumig (beispielsweise Rosen)
8. schweißig (beispielsweise ranzige Butter)

Nach Zwaardemaker können folgende Formen der Geruchsempfindungen unterschieden werden:

1. ätherische Gerüche (beispielsweise Apfel)
2. aromatische Gerüche (beispielsweise Anis)
3. balsamische Gerüche (beispielsweise Jasmin)
4. moschusartige Gerüche (beispielsweise Patchouli)
5. lauchartige Gerüche (beispielsweise Zwiebel)
6. brenzlige Gerüche (beispielsweise Tabak)
7. Kaprylgerüche (beispielsweise Käse)
8. betäubende Gerüche (beispielsweise Opium)
9. gestankähnliche Gerüche (beispielsweise Fäulnis)

Henning unterscheidet dagegen nur sechs Grundqualitäten:

1. würzig,
2. blumig,
3. fruchtig,
4. harzig,
5. brenzlig und
6. faulig.

Nur wenige der chemischen Elemente besitzen einen Geruch, der vom Menschen wahrgenommen werden kann: Arsen, Brom, Chlor, Fluor, Iod, Osmium, Phosphor, Sauerstoff als Ozon und Schwefel.

Für die Erforschung der Riechrezeptoren und der Organisation des olfaktorischen Systems erhielten die Wissenschaftler Richard Axel (US) und Linda B. Buck (US) im Jahre 2004 den Nobelpreis für Medizin.


Ärzte-Zeitung